Pfaffenhütchen

von Nicola und Michael

Das Pfaffenhütchen hat viereckige rosarote giftige Früchte, die an die Kopfbedeckung von Pfarrern erinnern. In der Volksheilkunde wurde die giftige Pflanze früher gegen Herzschwäche, Kopfschmerzen und Parasiten eingesetzt.
Das Pfaffenhütchen war nominiert für die Giftpflanze des Jahres 2006.

Name: Gemeiner Spindelstrauch

andere Namen: Pfaffenhütchen, Pfaffenkäppchen

Wissenschaftlicher Name: Euyonimus europaea

Familie: Celastraceae, Spindelstrauchgewächse

Englisch: Europaen spindle tree

Französisch:  Fusain, bois carré

Italienisch:  Fusaria, fusaggione

Kleiner Steckbrief:

 

Verbreitungsareal: Europa, Klein-Asien bis West-Sibirien.

Verbreitung: Die Pflanze kommt mit feuchten und trockenen Böden klar. Der bevorzugte Lebensraum sind Lichtungen, Waldränder und Abhänge.

Arten: Weltweit gibt es etwa 180 verschiedene Pfaffenhütchen-Arten.

Grösse: Der grüne Strauch wird zwischen 2 und 6 Meter hoch.

Blütezeit: Mai bis Juni.

Sammelzeit:  September-Oktober

Die weißen vierzähligen Blüten erscheinen zwischen Juni und August. Aus den Blüten entwickeln sich bis in den Herbst die Samen.

Frucht: Die Blüten sind unauffällig gelb und werden zu purpurfarbenen Kapselfrüchten, die giftig sind.

Ab Spätsommer bis Oktober attraktive, lang haftende Früchte mit rosa Kapsel und orangem Samenmantel.

Blatt: Die ovalen, bis 10 cm langen, dunkelgrünen, fein gezackten Blätter haben im Herbst eine orange-rote Blattfärbung.

Verwendung: Als Gartenpflanze. Für Hecken und Böschungen

Verwendete Pflanzenteile:  Blätter, Früchte, Rinde

Besonderes: Alle Pflanzenteile sind stark giftig, deshalb sollte sie nicht für kleine Kinder zugänglich sein, da diese zu oft die roten und tödlich giftigen Fruchkapseln essen.


 

Grosser Steckbrief

 

Erkennungsmerkmale:

 

In der Regel werden Pfaffenhütchen zu stark verzweigten, bis 3m hohen Sträuchern, viel seltener zu kleinen Bäumen von maximal 7m Höhe. Es entsteht meist eine aufrechte, eher lockere Struktur. Die Seitenzweige stehen beim Pfaffenhütchen fast rechtwinklig ab. Sie sind relativ dünn und anfangs grün. An den Kanten sind sie meist mit Kork versehen, die im zweiten bis dritten Jahr abgestossen werden. Ältere Sträucher haben eine graubraune Borke. Das meist flach wachsende Wurzelwerk ist sehr verzweigt. Bei älteren Sträuchern sind daumendicke Hauptwurzeln mit einem dichten Filz von Seitenwurzeln umgeben. Pfahlwurzeln werden nicht gebildet.


Blätter und Blüten:

 

Die Blätter des Pfaffenhütchens haben nur wenig Typisches. Sie sind beidseitig kahl, haben eine länglich eiförmige, am Ende zugespitzte, am Grunde keilförmige Spreite. Der Blattrand ist fein gezackt. Die Blattoberseite ist dunkler als die Unterseite. Das Pfaffenhüttchen ist sommergrün. Die Blätter fallen bis tief in den Herbst hinein durch eine höchst attraktive Rotfärbung auf. In der Regel werden gelblichgrüne (Zwitter-)Blüten gebildet. Die zur Reifezeit (August bis Oktober) sehr auffälligen Früchte des Pfaffenhütchens sind hängende, leuchtend rote Kapseln, die mit 4 Klappen aufspringen und so die eiförmigen, weissen, 5 bis 7mm langen, ganz von einem orangeroten Mantel eingehüllten Samen freigeben.

 

Verbreitung:

 

Das Pfaffenhütchen tritt verbreitet, aber selten in Mengen, auf feuchten bis ziemlich trockenen, steinigen, seltener rein mineralischen Böden auf. Seine Höhengrenze liegt bei 800m, in den Zentralalpen bei etwa 1200m, im Wallis bei 1000m und im Tessin bei 700m. Auf mässig feuchten Standorten wächst es sehr schnell, an trockeneren Stellen bringt es mehr Blüten und Früchte hervor. Auf kalkhaltigem Untergrund gibt es einen besseren Blütenansatz. Das Pfaffenhütchen ist Bestandteil der Strauchschicht lichter Laubmischwälder von Eiche und Linde, mitunter auch von Erlenbeständen, seltener von kleinen Buchen und Föhrenwälder. Es findet sich auch sehr gern an trockenen Südhängen.


Ökologische Bedeutung:

Die Blüten des Pfaffenhütchens werden von vielen verschiedenen Insekten, hauptsächlich aus den Familien der Fliegen, Bienen und Ameisen, aufgesucht. Vögel wie Rotkehlchen, Elster und Drossel lassen sich im August von den aufspringenden Früchten anlocken. Sie tragen damit zur Verbreitung des Strauches bei. Das Pfaffenhütchen hat die Fähigkeit zur Besiedlung von Rohböden und deren Befestigung. Damit trägt sie zur Bodenverbesserung bei.

 

Gefährdung:

 

Die Zahl der Schädlinge ist beträchtlich. Im Frühjahr werden Pfaffenhütchen häufig von dichten Gespinsten der Spindelbaumgespinstmotte überzogen. Die Motten fressen die Zweige kahl. Ausserdem überwintert die Schwarze Bohnenlaus auf dem Spindelstrauch und saugt an den Blättern. Im Winter nagen Wildkaninchen und Hasen gerne Zweige und Rinde ab.

 

Holzeigenschaften:

 

Das Holz des Pfaffenhütchens ist von der Farbe her nicht in Kernholz und Splintholz getrennt, sondern durchgehend gelb. Es ist zäh und schwer spaltbar. Die oft wellig verlaufenden Jahresringgrenzen kann man gut erkennen, nicht aber die einreihigen, 15 bis 30 Zellen hohen Holzstrahlen.

Die zahlreichen, sehr kleinen Gefässe sind auf dem Querschnitt zerstreut porig verteilt. In der Struktur besteht Ähnlichkeit mit Buchsbaumholz.

 

Holzverwendung:

 

Der Spindelstrauch wächst nur in bescheidenem Masse. Sein Durchmesser reicht kaum über 20 cm hinaus. Obwohl das Holz also nicht in grösseren Mengen anfällt, wurde es früher von Schreinern, Drechslern und Instrumentenbauern geschätzt. Es wurde zur Herstellung von Etuis, Schachbrettern und Orgelpfeifen verwendet. Auch Spindeln wurden daraus gemacht, was dem Strauch einen seiner deutschen Namen einbrachte. Weiter wurden daraus auch Schuhstifte hergestellt. Dies trug dem Pfaffenhütchen die schweizerische Bezeichnung „Schuenegeliholz“ ein. Bedeutung hatte das Stammholz und Wurzelholz als Ausgangsmaterial für hochwertige Holzkohle von gleichmässiger Struktur und geringem Mineralgehalt, die auch als Zeichenkohle gut geeignet war. In Russland baut man das Pfaffenhütchen in Plantagen an. Ziel ist die Gewinnung von Guttapercha, einer im Milchsaft der Wurzelrinde enthaltenen, kautschukähnlichen Substanz.


Verwendung im Landschaftsbau:

 

Das Pfaffenhütchen ist mehr Gegenstand der Landschaftspflege als des planmässigen Waldbaus. Er lässt sich gut auf den Stock setzen und ist zusammen mit Schlehe, Weissdorn und Hartriegel ein bevorzugter Strauch zur Begrünung von Waldrändern an gut nährstoffversorgten, kalkhaltigen Standorten. Das Pfaffenhütchen wird als Zierstrauch im Siedlungsraum sowie für Schutzpflanzungen/ Böschungssicherungen an Bächen und Gräben verwendet. Daneben ist es, jedoch in begrenzterem Masse, auch als Verkehrsbegleitgrün z.B. entlang von Autobahnen geeignet. Aufgrund des hohen Insektenbesatzes sollte es nicht in grösseren Gruppen und Massen gepflanzt werden, sondern in kleinen Gruppen, grösseren Abständen und in Mischhecken mit anderen Büschen. Auf diese Weise kann ein vollständiger Kahlfrass durch die Spindelbaumgespinstmotte verhindert werden.


Kulturgeschichtliche Bedeutung:

 

Fossile Funde in Pfahlbauten deuten darauf hin, dass das Pfaffenhütchen schon von den Menschen in grauer Vorzeit beachtet und vermutlich auch verwendet wurde. Um 1240 rühmt der berühmte Mönch Caesarius die Ungeziefer abwehrende Wirkung des Samens. In einer Erzählung aus seinem „Wunderbuch“ erscheint einem frommen Knaben, der fürchterlich an Kopfkrätze zu leiden hat, die Gottesmutter. Diese rät ihm, sich vor der Messe dreimal mit den Früchten des Pfaffenhütchens den Kopf waschen zu lassen im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Im Volksbrauchtum und Aberglauben spielt das Pfaffenhütchen, einmal abgesehen von der Vielzahl der ihm verliehenen Namen, keine Rolle. In der Fränkischen Schweiz ist es allerdings mitunter an Feldkreuzen und Bildstöcken anzutreffen, was unter anderem auf eine von seinem geistlichen Namen herrührende Wertschätzung schliessen lässt.


Gift:

 

Pfaffenhütchensamen sind giftig. Sie enthalten ein bitteres, Brechreiz erregendes Öl. Koliken, Kreislaufstörungen, Fieber und Diarrhoe werden als Vergiftungssymptome angeführt. Diese treten nach 12 bis 18 Stunden auf und führen letztlich zur Lähmung der Kaumuskulatur und zum Tod in Bewusstlosigkeit. Der Verzehr von 36 Samen kann tödlich sein und selbst der Holzstaub des Spindelstrauchs soll Schwindelgefühl und Übelkeit hervorrufen. Blätter und Rinde gelten ebenfalls als giftig.